Samuel Pepys Oder: Der Segen von Tagebüchern

Wie bin ich nur auf die Idee gekommen, einen Roman mit historischem Hintergrund zu schreiben? Ausgerechnet ich, die im Geschichtsunterricht in der Schule nicht gerade eine Leuchte war. Aber während der Geschichtsunterricht damals auch hauptsächlich aus Zahlen bestand, weckten historische Romane und Filme dann im Erwachsenenalter doch noch mein Interesse an vergangenen Epochen. Wie lebten die Menschen in der jeweiligen Zeit? Was für Werte und Empfindungen hatten sie? Wie sah ihr Alltag aus? Was für ein Gefühl war es, eine neue Erfindung, einen Krieg oder eine Revolution mitzuerleben?

Ein unsterblicher Vampir würde die Gelegenheit haben, Antworten auf viele dieser Fragen zu erhalten – und dies gleich für mehrere Epochen. Der Gedanke erschien mir sehr reizvoll und so entstand die Idee zu den Zeitgenossen.

Damit stand fest, dass ich sehr viel würde recherchieren müssen. Denn als Autorin der Zeitgenossen würde ich ja nun selbst Antworten auf alle diese Fragen liefern müssen. Schon bald befand ich mich in einem ähnlichen Dilemma wie einst zu Schulzeiten: Viele Geschichtsbücher nennen größtenteils Zahlen und handelten von Schlachten, Eroberungszügen, Regierungszeiten usw. Wie der Alltag und das Lebensgefühl einfacher Menschen aussah, steht nur selten in solchen Büchern. Daher ist es immer ein Glücksfall für die Recherche, wenn das Tagebuch eines solchen Menschen erhalten und überliefert ist.

Die Tagebücher des Samuel Pepys

Samuel Pepys

By John Hayls (1600–1679) (Flickr) [Public domain], via Wikimedia Commons

Samuel Pepys war beispielsweise so jemand, wenngleich man ihn aufgrund seines hohen Amtes als Staatssekretär im englischen Marineamt sicherlich schon zu den privilegierteren Menschen zählen muss.

Pepys lebte von 1633 bis 1703 und wurde ab Anfang des 19. Jahrhunderts einer breiteren Öffentlichkeit durch die Wiederentdeckung seiner umfangreichen Tagebücher bekannt. Neben Dienstereignissen hielt er darin auch zahlreiche persönliche Erlebnisse und Ansichten fest und hinterließ dadurch ein faszinierendes und detailreiches Zeugnis der Restaurationszeit.

Pepys berichtete von alltäglichen Vorfällen, ebenso wie von Klatsch und Tratsch, der aktuellen Mode, aber natürlich auch von epochalen Ereignissen wie beispielsweise der Großen Pest und dem Großen Brand von London, welche beide auch in den Zeitgenossen Erwähnung finden. Damit haben Pepys Aufzeichnungen es mir ermöglicht, solche Geschehnisse entsprechend anschaulich zu beschreiben und mich nicht nur auf statistische Fakten beschränken zu müssen. Unter http://www.pepysdiary.com/ kann man die Tagebücher von Samuel Pepys übrigens in Form eines modernen Weblogs nachlesen. Die Seite enthält unter anderem auch anschauliches Kartenmaterial über die Wirkungsstätten von Pepys, die Ausdehnung des Großen Brandes und dergleichen sowie einen Stammbaum der Pepys-Familie.